Eine gewisse Härte ist gefragt

Joe Zeller in seinem Element

(08.09.2009) Jo Zeller Racing ist ein kleines aber sehr feines Racing-Team, das sich seit Jahren vor allem im ATS Formel-3-Cup engagiert. Immer wieder ist der knallgelbe Teambus aber auch im Fahrerlager der Formel-3-Euroserie zu sehen – Teamchef Jo Zeller kann sich also ein Urteil über die beiden wichtigen Formel-3-Serien erlauben.
Ein sehr stressiges Unterfangen, zwei so professionelle Serien zu bedienen, oder?
Ja, auf jeden Fall. Sicherlich wäre es einfacher, sich auf eine Serie zu konzentrieren. Aber trotz der Erfolge ist es schwer Fahrer mit Budget zu finden, mit denen man den ATS Formel-3-Cup auch gewinnen kann. Ich habe meine Vorstellungen, wie die Saison, auch bezüglich Testfahrten, ablaufen soll. Es muss einfach ein Paket vorhanden sein, mit dem man die Möglichkeit hat, um den Meistertitel zu fahren. Deshalb wird das Budget als Dienstleister in der Formel-3-Eurserie aufgebessert.
Was macht, deiner Meinung nach, den größten Unterschied zwischen den beiden Formel-3-Serien für den Fahrer aus?
Dass im ATS Formel-3-Cup Tests erlaubt sind und zwar auch auf den Strecken, auf denen auch die Rennen ausgetragen werden. Und das auch im Sommer. In der Euroserie sind Testfahrten auf allen Strecken bis zum 15. Dezember erlaubt. Spätere private Tests dürfen nur noch auf Kursen absolviert werden, die nicht im Rennkalender stehen. Das ist schlecht, wenn man einen Fahrer in seinem ersten Jahr gut vorbereiten will. Er sollte wissen, wenn er zum Hockenheimring oder zum Nürburgring kommt, was ihn erwartet. Mit Marco Wittmann, zum Beispiel, fahre ich jetzt zum Euroserie-Rennen nach Brands Hatch – eine Strecke, die er noch nie gesehen hat. In dem Moment fehlt den Fahrern oft die Sicherheit, dann übertreiben sie es und machen Fehler. Natürlich ist das Niveau in der Euroserie gegenüber dem ATS Formel-3-Cup höher, aber auch der Druck ist größer. Nur 15. zu sein, ist vielen im ersten Jahr zu wenig. Sie wollen in den Top 8 oder 10 fahren. Bei manchen geht das gut, andere verkrampfen.
Wie sieht es bei deiner Arbeit als Teamchef aus? Was ist für dich anders?
Die Struktur und die Kostenspanne. Der ATS Formel-3-Cup ist familiärer und einfacher im allgemeinen Umgang. Das beginnt schon beim Auf- und Abbau der Zelte, der problemloser geregelt ist. Ein großer Unterschied sind auch die Sitzungen, in denen wir Teamchefs uns austauschen können. Das gibt es zwar auch in der Euroserie, aber in einem viel engeren Rahmen. Im ATS Formel-3-Cup kann man immer seine Fragen und Vorstellungen vorbringen. Dort wird viel familiärer gearbeitet und die Formel-3-Vereinigung versucht immer einen Gleichklang zwischen allen Beteiligten zu schaffen. Die Formel-3-Euroserie ist eher das harte Geschäft.
Findest du den Ablauf für einen jungen Piloten zuerst den ATS Formel-3-Cup zu bestreiten und dann in die Euroserie zu gehen sinnvoll?
Ja, für diesen Werdegang war ich schon immer ein Befürworter. Der Schritt, zum Beispiel aus der Formel BMW in die Euroserie ist einfach zu groß. Natürlich ist es möglich mit einem gut vorbereiteten Fahrer, der ohne Druck in die Saison geht, auch so einen großen Schritt zu wagen. Aber auf diese Weise werden Fahrer auch schnell ″verbrannt″. Denn oft will der Pilot einfach zu viel. Der ATS Formel-3-Cup ist ein guter Einstieg. Hier kann der Fahrer viel üben und weiter nach vorne kommen. Aber man muss auch die Zeit haben, ein oder zwei Jahre im ATS Formel-3-Cup zu fahren und dann aufzusteigen.
Worauf kommt es dir in der der Zusammenarbeit mit deinem Fahrer an?
In erster Linie Vertrauen. Der Fahrer sollte auch versuchen, das umzusetzen, was ich ihm versuche zu vermitteln, um ihn nach vorne zu bringen. Motorsport ist nun mal kein Zuckerschlecken. Im Motorsport braucht man, wie im Leben generell, eine gewisse Härte.

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